minimalraum
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ZORN

GILLES ROTZETTER und MASSIMO MILANO
3. März 2012 bis 3. Mai 2012

Sich mit den Todsünden zu befassen, schreibt der Kultur- und Kommunikationsphilosoph Vilém Flusser, bedeute, die Gegenwart zu betrachten. Und so fragen die Künstlerkollektive des Ausstellungsprojektes entlang dieses alten Topos danach, wie heute Zorn, Völlerei oder Habgier aussieht. Was löst denn überhaupt in der heutigen Gesellschaft Zorn aus? Sind wir bei der Informationsflut über Kriege, Krisen, Werteverteilung, Steuersätze, Gewaltverbrechen, Manager-Boni, Normierung, ökonomisierung und der Veröffentlichung persönlicher Probleme im Fernsehen oder Internet überhaupt noch in der Lage, echten Zorn zu empfinden, ihn zu benennen? Können wir ihn von effektheischender Aufregung oder aufgesetzter Bestürzung unterscheiden? Gilles Rotzetter und Massimo Milano zeigen uns ihre Sichtweise dazu in ihrer Gemeinschaftsarbeit. Gezeichnete Fragen, geschriebene Hoffnungen, gefilmte Emotionen, gemalte Wünsche, gespielte Versprechen und andere Facetten haben sie zu einem Film zusammen getragen, der ihren Zorn über soziale Ungerechtigkeit visuell erfahrbar macht. So scheint der Mensch nur noch als Puzzleteil auf, als Nummer, dessen Individualität in der Masse, Gleichheit und Werteskala von der Gesellschaft zurück gedrängt wird. Die Diffusität der entstandenen Bilder, die bisweilen bis zur Unkenntlichkeit des Gezeigten reicht, entspricht dieser Negierung des Persönlichen, der fehlenden Musse, einander anzuschauen und zuzuhören. Dem gegenüber zeigen andere Sequenzen deutlich, klar und mitunter erschreckend laut das Aufbegehren des Individuums, das seinen Zorn artikuliert und sich so davon befreit. Der vermeintlich Schwache wird zum Starken, denn durch seinen Zorn ist das Wesentliche erkannt, angeschaut und darauf gezeigt worden.

Gilles Rotzetter (*1978 in Vevey, lebt und arbeitet in Fribourg und Zug) studierte sowohl an der Universität als auch an der Ecole supèrieure des Beaux-Arts (ESPA) in Genf. Er arbeitet multimedial mit Malerei, Plastik, Zeichnung und Video, wobei die Malerei sein bevorzugtes Medium ist. Hiermit kreiert er Werke, dessen Duktus und Farbwahl eine besondere Sprache sprechen. Fabelwesen, historische Themen und Gegenwärtiges scheinen auf und werden auf der Leinwand miteinander in Beziehung und zu neuen Themen zusammen gesetzt. Doch auch mit den anderen Bildmedien versteht es Rotzetter jeweils, Ambivalenzen zwischen Groteske und Ernsthaftigkeit, Humor und Ergriffenheit auszuloten. Seine Arbeiten sind bei internationalen Solo- und Gruppenausstellungen zu sehen; ebenso erhielt er für seine Werke mehrfach Auszeichnungen und ist derzeit Stipendiat der Landis & Gyr Stiftung in Zug. Mehr siehe www.gillesrotzetter.com.

Massimo Milano (*1968 in Süditalien, lebt und arbeitet in Rapperswil und Zürich) absolvierte eine Ausbildung als Hochbauzeichner und an der Schule für Gestaltung in St. Gallen den Vorkurs. Seit 1994 arbeitet er als freischaffender Illustrator, gründete 2006 den Raum62 in Rapperswil und stellt seit 2010 im zweimonatigen Turnus in dem von ihm gepachteten minimalraum in Rapperswil aus. Als Künstler nähert er sich primär mit dem Medium der Zeichnung, aber auch mit Installationen und Video seinen Themen, die er aus der Beobachtung und Auseinandersetzung mit dem Menschen in seiner Umwelt generiert. Darin haben zwielichtige Gestalten ebenso Platz, wie Strich gewordene Hoffnungen, ängste und Tabus. Grossformatiges entsteht mit minutiösem Strich, Einheitsfassaden, Gesichtslose, Gepeinigte und Andersartige verweisen auf gesellschaftliche Rahmen und Zwänge, während hier und dort scheinbar ganz Banales durch seine Arbeit unsere Aufmerksamkeit erhält. Seine Arbeiten sind auf internationalen Ausstellungen zu sehen, er erhielt mehrere Preise und Stipendien.

Als Extra zeigen wir hier den Gemeinschaftsfilm von Gilles Rotzetter und Massimo Milano aus der aktuellen Ausstellung ZORN



Eindrücke der ersten Vernissage von projzwei zum Thema ZORN vor dem minimalraum in Rapperswil.